Bandscheibenvorfall (BSV, Nucleus pulposus Prolaps, NPP)

Rückenschmerzen, die ins Bein oder in den Arm ausstrahlen, können auf einen Bandscheibenvorfall hinweisen.  Die Aufgabe der Neurologie ist mit zu entscheiden, ob konservative Maßnahmen noch möglich sind oder ob eine Operation notwendig ist.

Was ist ein Bandscheibenvorfall?

Die Bandscheiben liegen als elastische Puffer zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule. Sie bestehen im Inneren aus dem sogenannten Gallertkern (Nucleus pulposus), der wie eine Art Gelkissen wirkt. Dieser ist von einem harten Faserring (Anulus fibrosus) umgeben. Mit dem Alter sinkt der Wassergehalt und somit die Elastizität der Bandscheibe. Bekommt der Faserring infolgedessen kleine Risse, kann sich der Gallertkern nach außen vorwölben (Protrusion). Durchbricht der Gallertkern den Faserring, kommt es zum Bandscheibenvorfall (Prolaps).

Wegen der hohen Belastung durch das Körpergewicht, insbesondere beim Sitzen, sind Bandscheibenvorfälle im Lendenwirbelsäulenbereich (lumbale BSV) am häufigsten (ca.90%).

Welche Beschwerden ruft ein Bandscheibenvorfall hervor?

Die Beschwerden, die ein Bandscheibenvorfall auslöst, hängen davon ab, wo er auftritt, wie groß er ist und ob Nerven beziehungsweise Nervenwurzeln beteiligt sind. Bandscheibenvorfälle in der Lendenwirbelsäule strahlen oft in die Rückseite des Beines (Ischiasschmerz, Hexenschuss), in der Halswirbelsäule über die Schulter in den Arm bis zur Hand aus.  Ein Bandscheibenvorfall hat grundsätzlich fünf Stadien, die nicht alle in der Reihenfolge durchlaufen werden müssen sondern manchmal werden auch Stadien übersprungen.

  1. Lokale Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule
  2. + (zusätzlich) mit Ausstrahlung
  3. + Sensibilitätsstörung (Kribbeln, Taubheit..)
  4. + Lähmung
  5. + Funktionsstörung von Blase und Darm

Was ist die Aufgabe des Neurologen?

Der Neurologe sieht den Bandscheibenvorfall nicht zu sehr von seiner „mechanischen“ Seite, sondern überprüft ob „Funktionsstörungen bzw. Schädigungen“  der von der Bandscheibe bedrängten Nervenwurzel  vorliegen.  Nachdem im CT oder in der Kernspintomografie der Bandscheibenvorfall oft schon durch ein bildgebendes Verfahren festgestellt wurde, trägt er zur Entscheidung bei,  ob eine konservative oder operative Behandlung erforderlich ist und ob der im bildgebenden Verfahren gesehene Bandscheibenvorfall überhaupt die Ursache der Schmerzen darstellt.  Dies geschieht durch die neurologische Untersuchung und das Elektromyogramm (EMG).

Nicht jeder Bandscheibenvorfall muss operiert werden – konservative versus operative Maßnahmen

Ob operativ oder konservativ ist seit Jahrzehnten hinweg unterschiedlich bewertet worden. Zurzeit geht man davon aus, dass vor allem die Funktionsstörung des Nervens entscheidet, ob eine Operation erforderlich ist. Grundsätzlich sollten die Stadien 1-3 (siehe oben) konservativ, also mit Krankengymnastik, Wärmebehandlung, Schlingentisch, schmerzlindernden Medikamenten, behandelt werden.

Liegt allerdings eine deutliche Lähmung vor oder gar das Stadion 5 bei einem lumbalen Bandscheibenvorfall, also zum Beispiel eine Blasenstörung  mit Problemen beim Wasserlassen,  ist eine sofortige Operation nicht zu umgehen. Hier gilt ein 24 Stunden-Fenster , d.h. eine Operation sollte innerhalb der nächsten 24 Stunden nach Auftreten der Lähmung oder Blasenstörung durchgeführt werden, um bleibende Ausfälle zu vermeiden. Im Extremfall kann das heißen: „am Freitagnachmittag Bilder unter den Arm und Vorstellung in einer neurochirurgischen oder orthopädischen Klinik“.

Weitere Anzeichen, die auf einen dringenden Handlungsbedarf hinweisen:

  • Unfall
  • Osteoporose und Bagatelltrauma
  • Tumoranamnese
  • Infektion
  • Gewichtsverlust
  • Fieber
  • Schmerzverstärkung in der Nacht
  • Progrediente Nervenausfälle
  • Nachlassende Schmerzen und Lähmung von Muskeln
  • Kauda-Syndrom (sensible Störung in der genito-analen Region und/oder Mktionsstörung (typischerweise Harnverhalt, Überlaufblase, ggf. Inkontinenz)